Ursache und Therapie: Inkontinenz erkennen und richtig behandeln

Für viele Betroffene ist Inkontinenz ein mit starken Schamgefühlen verbundenes Tabuthema. Wenn sich Darm oder die Blase plötzlich und unkontrolliert entleeren, stellt sich oft ein Gefühl der Hilflosigkeit ein.

Inhalt:

Was ist Inkontinenz?

Als Inkontinenz bezeichnen Ärzte das Unvermögen, Körperausscheidungen wie Kot, Wind oder Urin willentlich zurückzuhalten. Dieser Artikel erklärt Ihnen die unterschiedlichen Ursachen sowie Arten der Inkontinenz und gibt Aufschluss über passende Therapieformen - lesen Sie alles Wichtige über die Volkskrankheit Inkontinenz.

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Inkontinenz - Der körperliche Kontrollverlust: Ein Tabuthema

Für Betroffene ist die Inkontinenz in der Regel nicht nur ein körperliches Problem, sondern bringt zusätzlich starke psychische Belastungen mit sich. Denn bereits als kleine Kinder lernen wir, unsere Ausscheidungen bewusst zu kontrollieren und Stuhlgang oder Urin zurückzuhalten. Wenn uns diese Fähigkeiten im Alter abhandenkommen, fühlen wir uns machtlos und schämen uns, das Thema Inkontinenz überhaupt anzugehen.

Tabuthema Inkontinenz - Erkennen und handeln

pixabay - geralt

Das große Problem: Niemand möchte darüber sprechen. Inkontinenz ist ein Thema, das aufgrund von Schamgefühlen nicht oder nur äußerst ungern mit dem Hausarzt oder einem Experten besprochen wird. Dabei ist die Krankheit in Deutschland weit verbreitet: Schätzungen zufolge sind etwa fünf bis acht Millionen Menschen von einer Form der Inkontinenz betroffen. Weltweit sollen es 50 bis 200 Millionen Menschen sein.

Genaue statistische Auswertungen liegen nur wenige vor, da viele Betroffene gar nicht in diesen Statistiken erfasst sind. Die einzigen halbwegs verlässlichen Zahlen liefern die Angaben großer Hersteller von Inkontinenzhilfsmitteln.

Es ist wenig überraschend, dass der Großteil der Betroffenen älter als 60 Jahre alt ist. Bei den über 80-jährigen leiden sogar bis zu 80 Prozent unter einer behandlungs- oder versorgungsbedürftigen Inkontinenz.

Wussten Sie, dass dies einer der häufigsten Gründe für die Einweisung ins Pflegeheim ist?

Tipp 1: Sie sind der Inkontinenz nicht hilflos ausgeliefert! Bewährt hat sich vor allem bei Harninkontinenz ein Zeitplan für die Toilettengänge. Dabei trinken die Patienten alle zwei bis drei Stunden und gehen 30 Minuten später auf das WC - selbst wenn gerade kein Harndrang vorliegt. Anfangs in kurzen Abständen, nach und nach verlängern sie die Zeiträume. In einem Miktionstagebuch, einer Art Logbuch für die Urinkontrolle, erfassen sie die Häufigkeit der Toilettenbesuche und die abgegangene Harnmenge. 

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Ursachen und Formen von Inkontinenz

Wir unterscheiden zwischen Harn- und Stuhlinkontinenz.

Die Ursachen für Inkontinenz sind vielfältig, und fast immer liegt eine Störung des muskulären Ausscheidungssystems vor: Eine Schwäche der Blasen-, Schließ- und Beckenbodenmuskulatur (beziehungsweise Verschlussapparats des Afters bei der Stuhlinkontinenz), oder eine Störung der Muskelfunktionen aufgrund beschädigter Nerven und den verbundenen Zentren in Gehirn und Rückenmark. Das kann aufgrund einer Verletzung oder Erkrankung des Nervensystems geschehen oder biologische Ursachen haben.

Merke: Es existieren auch sogenannte "allgemeine Ursachen". Unter diese fallen Medikamente wie Diuretika, Antidepressiva, Neuroleptika und Alkohol. Sie können eine bereits bestehende Harninkontinenz fördern.

Tipp: Wenn Sie das Gefühl haben, häufig aufs WC zu müssen, aber nur geringe Mengen Urin "tröpfeln", liegt keine Inkontinenz, sondern eher ein Harnwegsinfekt vor. Das äußert sich häufig durch ein Brennen in der Harnröhre, besonders gegen Ende des Wasserlassens.

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Anatomie der Entleerungsorgane

Wenn Sie die menschliche Anatomie betrachten, stellen Sie fest, dass die Harnblase von zwei Muskeln – dem Blasen- und dem Schließmuskel – unterstützt wird. Sie erfüllt zwei Funktionen: Sie speichert Urin und entleert ihn zum gewünschten Zeitpunkt.

Den Vorgang können Sie sich folgendermaßen vorstellen: 

1. Speichern

Während dem Sammeln von Urin ist der Blasenmuskel entspannt. Die Blase dehnt sich aus und füllt sich nach und nach. Der Schließmuskel ist angespannt, damit der Urin nicht abfließt.

2. Entleeren

Beim Gang auf die Toilette zieht sich der Blasenmuskel zusammen. Gleichzeitig erschlaffen die Beckenbodenmuskulatur und der Schließmuskel, was zum Abfluss des Urins durch die Harnröhre führt.

Ist dieser Vorgang aufgrund einer Erkrankung oder sonstigen Einflüssen eingeschränkt, entsteht eine Form der Inkontinenz.

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Ursachen für Harninkontinenz

Wie der nächste Textabschnitt zeigt, haben die fünf Arten der Harninkontinenz unterschiedliche Gründe.

1. Die Belastungsinkontinenz

Diese Form beschreibt die willkürliche Ausscheidung von Urin bei Belastung und ist die am weitest verbreitete Art der Inkontinenz. Bei der Stressinkontinenz, auch Belastungsinkontinenz genannt, verlieren Betroffene kleine Mengen an Urin bei Tätigkeiten, die den Druck auf den Bauchraum erhöhen. Seien es:

  • Lachen
  • Niesen
  • Husten
  • Gymnastik
  • oder Treppen steigen

Grund ist ein geschädigter Verschlussmechanismus zwischen Blasenhals und Harnröhre.

Frauen leiden deutlich häufiger unter dieser Form der Inkontinenz als Männer, denn Frauen haben ein breiteres Becken und eine schwächere Beckenbodenmuskulatur. Zudem hat der weibliche Beckenboden drei Öffnungen (für Harnröhre, Scheide und Darm), während der Mann nur über zwei verfügt. 

Vor allem Schwangerschaften und Geburten belasten den Beckenboden. Es kommt häufig vor, dass während der letzten Schwangerschaftswochen und nach der Geburt aufgrund der Strapazen Inkontinenz auftritt.

Der dritte Grund, warum Frauen häufiger inkontinent sind als Männer, sind hormonelle Veränderungen. Das Bindegewebe gibt nach, Beckenorgane sinken ab und lösen eine Inkontinenz aus.

Bei Männern ist das Risiko einer Inkontinenz nach Prostataoperationen hoch. Wenn die Prostata komplett entfernt wird, kann der eigentlich intakte Schließmuskel absenken und schwächeln. Das äußert sich durch ständiges Träufeln und kommt dadurch zustande, dass der Patient die Blase nicht richtig entleeren kann, obwohl sie voll ist.

Risikofaktoren wie Operationen oder Unfälle können das Gewebe strapazieren und schwächen. Auch Nervenreizungen oder -verletzungen im Beckenbereich kommen vor, was unter Umständen dazu führen kann, dass die Muskeln nicht mehr richtig funktionieren.

Allgemeine Faktoren wie

  • chronischer Husten
  • Übergewicht und mangelnde Bewegung
  • schlecht trainierter Beckenboden

können das Risiko an Inkontinenz zu erkranken steigern.

2. Die Dranginkontinenz

Die Dranginkontinenz (Urge - Inkontinenz) zeigt andere Symptome. Es tritt starker Harndrang auf, der sich nicht unterdrücken lässt: Plötzlich kommt es zu schwallartigem Urinabgang. 

Meist ist dieses Verhalten an Auslöser gekoppelt, zum Beispiel fließendes Wasser, Hände in warmes Wasser tauchen, Aufregung. Die Dranginkontinenz kann auch bei Harnblasensteinen, Demenz oder nach einem Schlaganfall auftreten. 

Das Problem ist eine Störung der Signalübertragung zwischen Blase und Gehirn, beziehungsweise dem Rückenmark: Fälschlicherweise kommt es zum Signal "Blase voll", was die Dringlichkeit des plötzlichen Harndrangs erklärt.

Mögliche Ursachen dieser Form der Inkontinenz sind:

  • Operationen, wenn sie Nervenreizungen auslösen
  • Neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Parkinson oder Alzheimer
  • Ständige Reizungen der Blase (Blasenentzündungen)
  • Diabetes
  • Psychische Ursachen, wie Stress oder Trauma


Tipp: Eine neuere Therapieform bei Dranginkontinenz ist Taping. Klebebänder werden am unteren Bereich der Wirbelsäule angeklebt. Diese sollen den Harndrang vermindern - allerdings ist die Methode noch nicht umfassend erforscht.

Inkontinenz erkennen und richtig behandeln

pixabay - Zorro4

3. Extraurethrale Inkontinenz

Bei dieser seltenen Form der Blasenschwäche sucht sich der Urin einen Weg außerhalb der Harnröhre nach außen. Verantwortlich dafür sind Fisteln, röhrenartige Kanäle im Innern des Körpers.

Diese Art kommt eher bei Frauen vor: Der Harnblasenschließmuskel, der für die Steuerung der Entleerung zuständig ist, wird umgangen. So kommt es zu dauerhaftem Urinabfluss über die Fisteln, obwohl die Blase weiterhin normal funktioniert. Willentlich kann dieser Urinabgang nicht vermieden werden.

Ursachen können Geburten, Operationen, Strahlentherapie oder Verletzungen im Unterleib sein. Für die Heilung dieser Form der Inkontinenz muss ein Arzt die Fisteln operativ entfernen.

4. Die Überlaufinkontinenz

Betroffene verspüren starken Harndrang und haben eine volle Harnblase. Trotzdem können sie ihre Blase nicht voll entleeren und der Urin tröpfelt dauernd. Die körperliche Ursache ist ein Abflusshindernis am Blasenausgang, beispielsweise ein großes Prostataadenom, Tumore, hochgradige Harnröhrenverengungen oder große Harnblasensteine.

Die Blase ist quasi immer gefüllt und dehnt den Harnblasenmuskel. Aufgrund dieser anhaltenden Dehnung ermüdet der Blasenmuskel und der Urin tropft ständig aus der Harnröhre.

Merke: Der Rest-Urin in der Blase kann Infektionen und Nierenschäden aufgrund eines möglichen Rückstaus verursachen. 

5. Die Reflexinkontinenz

Die Reflexinkontinenz ist eine selten auftretende Form der Inkontinenz, bei der die Betroffenen keinen Harndrang mehr spüren. Die Entleerung wird nicht mehr willentlich gesteuert, sondern geschieht als Reflex des Körpers.

Dem Harnblasenmuskel fehlt die Steuerung des zentralen Nervensystems. Ursache ist der Verlust der Blasen-Schließmuskel-Koordination aufgrund von Störungen der Nerven, die die Blase steuern.

Das kann zwei Ursachen haben:

  • Rückenmarkschädigung: beispielsweise bei einer Querschnittslähmung
  • Erkrankungen des Gehirns, unter anderem Alzheimer, Parkinson oder Schlaganfälle

Problematisch ist dabei, dass die Nieren möglicherweise Schaden nehmen können. Die Blase wird nicht vollständig entleert, was einen Rückstau in die oberen Harnwege zur Folge hat. 

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Ursachen und Formen der Stuhlinkontinenz

Genauso wie Harninkontinenz, kann auch Stuhlinkontinenz in verschiedenen Formen auftreten und verschiedene Ursachen haben.

Typischerweise verursacht eine organische Störung, dass die Schleimhaut des Analkanals nicht mehr richtig gespürt wird - so kann der Mensch den Stuhlgang nicht mehr richtig kontrollieren.

Verletzungen, die nach Geburten oder Operationen auftreten, können zu Funktionsstörungen des Schließmuskels führen, respektive die Nervenwahrnehmung beeinträchtigen.

Weitere Ursachen für die Inkontinenz sind beispielsweise:

  • Hämorrhoiden
  • ein Vorstülpen der Darmschleimhaut
  • muskuläre Störungen: eine schwache Beckenbodenmuskulatur
  • Ein Vorfall im Mast- oder Enddarm: Fisteln, die den Schließmuskel zerstören 
  • chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn
  • Tumore im Bereich des Enddarms.
  • Darmträgheit und Verstopfung: Durch den fest sitzenden Stuhl entsteht eine Blockade, an der nur wässriger Stuhl passieren kann.
  • Medikamente, auch Antidepressiva und Abführmittel

Stuhlinkontinenz im Alter

Ältere Menschen zeigen oft Symptome der neurogenen Stuhlinkontinenz. Ihr liegen Störungen im Gehirn oder Rückenmark zugrunde. Die Patienten können ihren Stuhlgang nicht mehr bewusst kontrollieren. Das kann etwa nach einem Schlaganfall, bei Demenz oder einer anderen neurodegenerativen Erkrankung wie Multiple Sklerose geschehen.

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Therapieformen bei Inkontinenz

Die verschiedenen Formen der Inkontinenz müssen unterschiedlich behandelt werden. Glücklicherweise können Mediziner inzwischen aus einer Fülle an wirksamen Behandlungsmöglichkeiten auswählen.

Wenn keine Operation nötig ist, ist die erste richtige Maßnahme für die Heilung der Stressinkontinenz immer die Kräftigung der Beckenbodenmuskulatur.

Spezielles Beckenbodentraining und krankengymnastische Übungen stärken die Muskulatur und fördern so den Heilungsprozess. Unterstützend wirken auch Bioresonanz-Therapie oder Elektrostimulation.

Ein Kontinenz- und Blasentraining hilft, die Kontrolle über die Harnblase zurückzubekommen. Die Betroffenen versuchen selbstständig, die Abstände zwischen den Toilettengängen zu verlängern: So wird die Blase trainiert, mehr Urin aufzunehmen. Oftmals werden die Fortschritte in einem Miktionsprotokoll aufgezeichnet.

In vielen Fällen helfen parallel zum Training verabreichte Medikamente. Wenn die Inkontinenz hormonell bedingt ist, setzen Ärzte bei Frauen Östrogene ein.

Operativ werden Patienten mit Inkontinenz künstliche Schließmuskel oder Kunstnetze / Schlingen um die Harnröhre eingesetzt.

Therapie der Dranginkontinenz (Urge-Inkontinenz)

Die Dranginkontinenz wird vor allem medikamentös behandelt: Anticholinergika enthalten Wirkstoffe wie Oxybutynin oder Trospiumchlorid, welche die Überaktivität der Harnblasenmuskulatur hemmen. Auch Botulinumtoxin, das Gift des Bakteriums Clostridium botulinum kann bei der Therapie unterstützend wirken.

Spezielle Zentren bieten diese Therapieform an, bei der das Gift in den Harnblasenmuskel gespritzt wird. Wenn die medikamentöse Therapie nicht den gewünschten Therapieerfolg zeigt, kann es auch helfen, Neuromodulatoren in der Nähe des Rückenmarks einzusetzen.

Therapie der Stuhlinkontinenz

Wie bei der Harninkontinenz ist es auch bei der Stuhlinkontinenz wichtig, zu wissen, um welche Art der Inkontinenz es sich handelt. So kann der Therapeut die richtige Behandlungsform empfehlen. 

In manchen Fällen sind Medikamente in Kombination mit einer Spülung des Dickdarms einmal pro Tag hilfreich, andere Probleme werden erfolgreich operiert. Ein Arzt kann Sie beraten.

Durchaus sinnvoll ist ein Toilettentrainings-Protokoll. Dabei konzentriert sich der Patient etwa 30 Minuten nach einer eingenommenen Mahlzeit auf den Stuhlgang und versucht, die Entleerung ohne ein allzu starkes Pressen herbeizuführen. Der regelmäßige Plan in Kombination mit dem Protokoll hilft einigen Menschen, die Körperfunktionen besser zu steuern

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Schlussfolgerung: Inkontinenz fest im Griff

Unser Unterleib ist ein kompliziertes und abgestimmtes System aus Beckenbodenmuskulatur, Blasenmuskel, Schließmuskeln und der Steuerzentrale im zentralen Nervensystem. Wenn dieses durcheinander gerät, kann Inkontinenz die Folge sein. Es existieren unterschiedliche Formen von Harn- und Stuhlinkontinenz, die verschiedene Symptome zeigen und entsprechend behandelt werden müssen.

Inkontinenz ist ein weit verbreitetes Problem, nicht nur im Alter. Wenn Sie die zur Verfügung gestellten Zahlen betrachten und sie mit der Altersstruktur bei uns vergleichen, stellen Sie fest, dass die Zahl der von Inkontinenz betroffenen Menschen steigt.

Unser Artikel zeigt auf, dass sich Betroffene oder Angehörige keinesfalls Schämen und bei auftretenden Symptomen umgehend eine Fachperson zu Rate ziehen sollten. Unterschiedliche Therapieformen können rasch Abhilfe schaffen und die Lebensqualität nachhaltig erhöhen.

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